Zitat von ArteDienstag, 2. November 2010 um 20.15 Uhr Wiederholungen: Keine Wiederholungen Der Stellvertreter (Frankreich, Deutschland, Rumänien, 2002, 126mn) ARTE F Regie: Constantin Costa-Gavras Kamera: Patrick Blossier Musik: Armand Amar Schnitt: Yannick Kergoat Darsteller: Friedrich von Thun (Gersteins Vater), Hanns Zischler (Grawitz), Marcel Iures (Papst Pius XII), Mathieu Kassovitz (Riccardo Fontana), Sebastian Koch (Hoess), Ulrich Mühe (Doktor), Ulrich Tukur (Kurt Gerstein) Autor: Constantin Costa-Gavras, Jean-Claude Grumberg Vertreiber: Pathe Distribution Produktion: Katharina, Renn Productions, TF1 Produzent: Claude Berri
Kurt Gerstein entdeckt mit Entsetzen, dass seine Erfindung, das Desinfektionsmittel "Zyklon B", zur Vergasung von Juden missbraucht wird. Als er mit Hilfe des jungen Jesuiten Riccardo Fontana hohe Würdenträger des Vatikans und schließlich den Papst informiert, glaubt er, dieser würde sich öffentlich äußern und zu Protesten aufrufen. Doch der Stellvertreter Christi hält sich bedeckt, und so bleiben Gerstein und Fontana nur verzweifelte Taten, um ein Zeichen zu setzen ... Constantin Costa-Gavras' Film "Der Stellvertreter" basiert auf dem gleichnamigen Drama von Rolf Hochhuth. Die Hauptrollen sind mit Ulrich Tukur und Mathieu Kassovitz herausragend besetzt.
Als Kurt Gerstein Zyklon B erfindet, denkt er noch, er würde damit etwas Gutes tun: Trinkwasser desinfizieren, zum Beispiel. Gerstein klettert für seine Erfindung schnell die Karriereleiter der Waffen-SS hinauf. Als er vom skrupellosen "Doktor" jedoch aufgeklärt wird, weshalb die Chemikalie von der SS in rauen Mengen geordert wird, ist er am Boden zerstört. Gerstein wendet sich zunächst an ausländische Diplomaten und die evangelische Kirche; als diese nicht reagieren, will er den Vatikan mobilisieren. Denn nur den Papst erachtet er als einflussreich genug, um die Weltöffentlichkeit zu alarmieren. Doch auch bei dem katholischen Nuntius in Berlin stößt er auf taube Ohren. Aber er trifft im Büro des Nuntius auf den jungen und idealistischen Jesuiten Riccardo Fontana, der die Information mitgehört hat und entschlossen ist, zu handeln. Fontana, dessen Vater ein Vertrauter des Papstes ist, versucht mit Beweisen, die Gerstein ihm liefert, Papst Pius XII. höchstpersönlich zu überzeugen. Doch keine der Mühen, die die beiden Männer übernehmen, können den "Stellvertreter Christi" zu einer expliziten und öffentlichen Stellungnahme bewegen. Und auch die amerikanischen Diplomaten, die sie um Hilfe bitten, sind in erster Linie daran interessiert, den Krieg zu gewinnen und wollen ihre Energie nicht in die Rettung der Juden investieren. Die Front des Widerstands gegen ihr Unternehmen zieht sich selbst durch Familie und Freunde der beiden Männer. Und so bleiben Riccardo und Gerstein nur zwei verzweifelte Taten, um etwas in Gang zu setzen: Gerstein liefert sich den Franzosen aus, Pater Riccardo lässt sich freiwillig nach Auschwitz deportieren ...
"Der Stellvertreter" basiert auf dem gleichnamigen Drama von Rolf Hochhuth, das bei seiner Uraufführung 1963 Kontroversen und diplomatische Verwicklungen hervorrief. Es verstand sich als Anklage gegen Papst Pius XII. und wurde von Hochhuth mit dem Zusatz "Ein christliches Trauerspiel" versehen. Der griechische Regisseur Constantin Costa-Gavras konzentriert sich in seiner Verfilmung weniger als Hochhuth auf die Person des Papstes, sondern bringt auch die Untätigkeit ausländischer Diplomaten zur Sprache. Im Mittelpunkt seiner Betrachtung stehen ohnehin die beiden Hauptfiguren Gerstein und Fontana, nuanciert und glaubhaft gespielt von Ulrich Tukur und Mathieu Kassovitz. Sie führen einen aussichtslosen Kampf, der in seiner Ungerechtigkeit den Zuschauer ebenso aufwühlt, wie die Verzweiflung und Erschütterung, die die zwei Männer am Ende zu ihren mutigen Taten bewegen. Geschickt versteht es Costa-Gavras, die Eile, die eigentlich geboten ist, in seine Bildsprache aufzunehmen. Durch das wiederkehrende Motiv der Deportationszüge verbildlicht Costa-Gavras eine drängende Mahnung: Während Gerstein und Fontana immer wieder enttäuscht, zurückgeworfen und vertröstet werden, sterben täglich Tausende Menschen. "Der Stellvertreter" war 2002 für den Goldenen Bären nominiert, 2003 erhielten Costa-Gavras und Jean-Claude Grumberg den César für das beste Drehbuch. Im selben Jahr wurde das Werk in Paris mit dem Prix Lumière für den besten Film ausgezeichnet. Constantin Costa-Gavras zeichnet als Regisseur für mehrere Klassiker des politisch engagierten Films verantwortlich, darunter "Z" (1969), mit dem er den Oscar für den besten fremdsprachigen Film erhielt. Mit dem Goldenen Bären der Berlinale 1990 wurde er für seinen Politthriller "Music Box - Die Ganze Wahrheit" ausgezeichnet. 2008 übernahm er selbst den Vorsitz der internationalen Jury des Filmfestivals.