Veit Harlan war die schillerndste Figur des Nazi-Films neben Leni Riefenstahl. Ein Spezialist für nationalen Kitsch und Todesverklärung, ein ebenso verblendeter wie talentierter Vorzeige-Künstler. Millionen Deutsche sahen seine Filme. Sie liefen in ganz Europa und prägten die Mentalität unzähliger Zuschauer, die in "Die goldene Stadt" oder "Opfergang" um das Schicksal der blonden Schwedin Kristina Söderbaum bangten, Harlans dritter Ehefrau und ständiger Hauptdarstellerin. Die Melodramen waren Kassenschlager - und Propagandafilme.
Mit dem Monumentalfilm "Kolberg" schuf er 1944/45 das große Durchhaltepos eines untergehenden Regimes. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Veit Harlan für seinen antisemitischen Film "Jud Süß" zweimal wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Und beide Male wurde er freigesprochen.
Der Film "Harlan - Im Schatten von Jud Süß" erzählt, wie sich seine Kinder und Enkel bis heute mit der Person und den Filmen Harlans auseinandersetzen. Sein ältester Sohn Thomas und seine Töchter Maria und Susanne erlebten zwei Prozesse gegen den Vater, aber auch, wie er scheinbar ungebrochen weiter Filme in der jungen Bundesrepublik drehte. Ihre Reaktionen darauf fielen - zerrissen zwischen Vaterliebe und Abrechnung - teilweise extrem aus.
Ein "Mordinstrument" nannte Thomas Harlan den Film "Jud Süß" und brach mit dem Vater - zu einer Versöhnung kam es erst auf dem Totenbett. Seine Schwester Maria wollte nach dem Krieg Schauspielerin werden und musste den Namen Harlan ablegen, weil sie sonst keine Engagements bekommen hätte. Gemeinsam litten sie unter dem schändlichen Erbe. Aber auch tiefe Risse in der Familie werden sichtbar, wie mit der Vergangenheit umzugehen sei und ob man den Vater öffentlich kritisieren dürfe. Bis hin zu Veit Harlans Nichte Christiane, Witwe des legendären Regisseurs Stanley Kubrick, reicht diese verzweigte Familie. Stanley Kubrick - möglicherweise inspiriert durch die familiäre Verbindung - wollte sogar einen Film über den Alltag der Nazi-Filmproduktion drehen.
Der Blick des Films von Felix Moeller richtet sich auch auf die dritte Harlan-Generation: Neugier, Scham oder auch bewusste Distanz sind ihre Reaktion auf die Konfrontation mit der Familiengeschichte. Dieser Schatten von "Jud Süß" ist, freilich abgeschwächt, auch noch in der dritten Generation der Harlans spürbar. Thomas Harlans Tochter, die in Frankreich zur Schule ging, wurde wegen der "Nazi-Großeltern" beschimpft. Und Jessica Jacoby - der eine Großvater war Veit Harlan, der andere ein im Holocaust umgekommener jüdischer Kaufmann - verkörpert wie keine andere die Spaltung deutscher Familien in Opfer und Täter.
In dem mit zahlreichen Filmausschnitten und erstmals gezeigtem Privatmaterial aus dem Familienarchiv montierten Dokumentarfilm reflektieren Harlans Söhne, Töchter und Enkel den Einfluss der Vergangenheit auf das eigene Leben bis heute.