Man weiß noch nicht allzuviel über die Vorfälle auf dem Schulschiff. Aber in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Mehrzahl der Meutereien eher unberechtigt war. Berühmtestes Beispiel ist natürlich die Bounty, deren Käpt'n Bligh ein hervorragender Seemann und - für damalige Verhältnisse - Menschenfreund war, wenn auch vielleicht psychologisch nicht besonders geschickt. Er wurde öffentlich erst ca. 200 Jahre nach dem Vorfall rehabilitiert, nachdem lange Zeit Fletcher Christian als der Held galt. S. auch http://de.wikipedia.org/wiki/William_Bligh
Kernsatz:
Zitat Was ihn bei einzelnen Besatzungsmitgliedern tatsächlich unbeliebt gemacht hatte, war eine gewisse Strenge, mit der er bei Offizieren und Mannschaften die Einhaltung der Regeln durchsetzte, von denen in seinen Augen das Überleben aller abhing.
So traurig der tödliche Unfall der Kadettin war - so etwas kommt leider ab und an vor. Verweigern Gleisbauarbeiter den Dienst, weil ein Kollege vom Zug überrollt wurde? Oder können gar Piloten mitten im Flug die Tätigkeit einstellen, weil ein anderer Pilot vor kurzem abgestürzt ist?
Der Dienst auf einem Segelschulschiff erfordert nun mal eiserne Disziplin. Ich denke, das hat man den Kadetten vorher gesagt. Wer zu einer Elite gehören will, muss überdurchschnittlich belastbar sein. (Für Linke auf dem Weg zum Post-Neo-Kommunismus: Elite ist nichts negatives!).
Wenn ich dann noch lese
Zitat Ein Offiziersanwärter mit ausgeprägter Höhenangst sei dazu gebracht worden, auf den höchsten Mast aufzuentern, obwohl er nicht wollte.
kommen mir doch arge Zweifel an der Version der Meuterer. Wie bescheuert muss man sein, mit Höhenangst auf einem Segelschiff anzuheuern? Aufentern gehört nun mal zum Dienst.
Auf der Gorch Fock wurden über 50 Jahre hervorragende Offiziersjahrgänge ausgebildet. Kann diese Ausbildung plötzlich falsch sein? Was meint ihr?
Schwierige Geschichte. Ich gebe zu, es fällt leicht, bei solch einer Meldung auf Anhieb zu sagen: "War ja klar, typisch BW, scheiß Militär...", aber man muss sich bewußt machen, dass es sich auch bei der Bundeswehr um eine Streitkraft handelt, die im Ernstfall wirklichen, echten Krieg führen muss. Erst recht die Menschen, die sich zu solch einer Laufbahn entscheiden. Man muss sich mal reinziehen, wie US Army und Marine Corps ihre Rekruten schleifen - die würden sich bei solchen Sprüchen und solchem "Druck" vermutlich nicht so anstellen.
Natürlich muss man den Vorfall und auch die Beschwerden der Besatzung genau prüfen - die Würde des Menschen bleibt auch für Soldaten unantastbar. Ich mag mich da im Moment noch nicht auf ein Urteil einlassen, bis es wirklich knallharte Fakten dazu gibt. Bei sexueller Belästigung krieg ich allerdings sofort so 'ne Krawatte, da hört jeder Spaß auf.
ich kann nur den Bw-Vorgesetzten meines Vaters zitieren: "Die Marine hat entweder gemeutert oder verloren." Alternativ ein SU aus meiner Kompanie: "Lieber 'ne Tochter im Puff als 'n' Sohn bei der Marine."
Natürlich sind gewisse Zustände (so die Vorwürfe denn zutreffen) unhaltbar. Kameradendiebstahl, sexuelle Belästigung und Karnevalsfeiern nach dem Tod eines Kameraden sind indiskutabel. Aber die weiteren Vorwürfe, die man von ehemaligen Offz-Anwärtern lesen kann, passen klar ins Bild der Marine. Sie mußten in Hängematten schlafen (oh Gott wie furchtbar), wurden angeschrien (für den Panzergrenadier der normale Umgangston) und hatten kaum Privatsphäre an Bord (Typ VII: 1 Klo für 50 Mann). Man munkelt gar, der Dienst sei anstrengend gewesen.
Da trifft es sich gut, daß unser Schnösel-Minister
auf Druck einer großen Zeitung Handlungsfähigkeit beweist. Der Kapitän ist schon gefeuert und die Gorch Fock soll evtl. eingemottet werden. Wikileaks deckt aber noch viel weitreichendere Pläne auf. Im Ministerium für "Ja, was eigentlich?" wird eine Richtlinie für den Umgang mit Offiziersanwärtern der Marine ausgearbeitet. Die wichtigsten Inhalte:
1. Befehle zu geben, ist altmodisch. Vermitteln Sie ihren Mitarbeitern Spaß an der Arbeit, so daß Befehle unnötig sind. 2. Ein höflicher Umgangston ist geboten. Falsch: "Fluuuuuuuuuuuuten!!!" Richtig: "Kamerad, würden Sie bitte fluten?" 3. Die Bundeswehr bietet moderne Arbeitszeiten. Ab sofort gilt die 25h-Woche und Gleitzeit. Die Kernarbeitszeit läuft von 12:00 bis Mittag. 4. Die lange Trennung der Offiziersanwärter von ihren Familien ist unzumutbar. Die Gorch Fock muß daher ab sofort abends bis 18:00 im Heimathafen anlegen. 5. Sollte sich herausstellen, daß Maßnahme 4 nicht ausreichend ist, sind an Bord zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten für die Familien der Kameraden zu schaffen. Dies umfaßt auch ein Betreuungsangebot für den Nachwuchs. 6. Im Zwischendeck gibt es ab sofort Service am Platz. 7. Über das Ziel des Tagesausflugs (s. Punkt 4) wird abgestimmt.
Ich schlage hingegen folgende Maßnahmen vor:
1. Den Kampfschwimmern wird die Peinlichkeit erspart, Angehörige der Marine zu sein. Sie werden den Sanitätern zugeschlagen. 2. Die 1. PzD, die praktischerweise schon in Niedersachsen und damit an der Küste liegt, erhält den Auftrag, die Seewege zu schützen. Die alten Versionen des Luchs können schwimmen (und vier Soldaten vom Heer dürften mit Piraten besser klarkommen als eine Fregatte voller Marineangehöriger) und die Leos können schnorcheln. Das hat sich in der Vergangenheit schon einmal als wirksamer Trick erwiesen. 3. Die Punkte 1 und 2 können nur eine Sofortmaßnahme sein. Um den Zustand der Marine zu bessern, werden alle Offiziere der Überwasser"streitkräfte" entlassen und durch Angehörige der U-Bootflotte ersetzt. Oberbefehlshaber wird Martin Semmelrogge.
Gruß Scipio
"Diejenigen, die ihre Freiheit zugunsten der Sicherheit aufgeben, werden am Ende keines von beiden haben - und verdienen es auch nicht."
Zitat von ScipioUm den Zustand der Marine zu bessern, werden alle Offiziere der Überwasser"streitkräfte" entlassen und durch Angehörige der U-Bootflotte ersetzt. Oberbefehlshaber wird Martin Semmelrogge.
Ich bin mit fast allem einverstanden. Aber ich bezweifle, dass man Schiffe ohne Führerschein führen darf. Also entweder Prochnow oder Grölemeyer!
Ist das Heer wirklich soviel besser? Du bist ja nicht mehr dabei! Exzesse gab's da auch schon reichlich, und ab und an erschießt man sich gegenseitig - weil Guttenberg nicht rechtzeitig die Mun. eingesammelt und in der Spielkiste verstaut hat. Will sagen: Ich mag ihn auch nicht, aber den Schwachsinn mit der "politischen Verantwortung" erst recht nicht. Wir haben nun mal keinen besseren!
"Viele leidenschaftliche Raucher, die Tag für Tag immer wieder von den großen gesundheitlichen Risiken des Rauchens lesen, hören nach kurzer Zeit tatsächlich auf - zu lesen." (Winston Churchill)
bin bekennender Guttenbergfan ( gewesen oder vielleicht doch noch) , aber was hat der Herr Oberleutnant denn für militärisches Führungsverhalten???? General Kujat hat dazu heute morgen im DLF alles nötige gesagt. So eine Entscheidung ohne Anhörung des Betroffenen fällt nur ein in Panik geratender Politiker, der Angst um sein Edelimage hat.
Hypothetischer Fall: Auf der angeordneten Heimreise der Gorch Bounty passiert noch ein Unfall. Dann prügeln alle auf Guttenberg ein, weil er den vom politischen Gegner und den Medien (nicht vom Minister!) vorverurteilten, ach so unfähigen Käptn nicht rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen hat. Wie er's macht, isses verkehrt.
"Viele leidenschaftliche Raucher, die Tag für Tag immer wieder von den großen gesundheitlichen Risiken des Rauchens lesen, hören nach kurzer Zeit tatsächlich auf - zu lesen." (Winston Churchill)
Zitat von RayydarWill sagen: Ich mag ihn auch nicht, aber den Schwachsinn mit der "politischen Verantwortung" erst recht nicht. Wir haben nun mal keinen besseren!
Hi,
ich sage auch nicht, daß Guttenberg "politische Verantwortung" (was das auch immer sein mag) übernehmen soll. Ich laste ihm auch nicht direkt Fehlverhalten einiger Soldaten an. Was mich stört, ist sein populistisches Geseier und fanatische Blick auf die Umfragewerte. Kaum fordert die Bild, daß Köpfe rollen, schon beugt sich Guttenberg. Und warum die Gorch Fock wegen möglicherweise skandalösen Verhaltens der Besatzung evtl. außer Dienst gestellt werden soll, versteht man wahrscheinlich auch nur, wenn man gerade Angst um seine Beliebtheit hat. Sein aktuelles Verhalten erinnert mich an seine Haltung zum Luftangriff bei Kunduz. Guttenbergs Einschätzung der militärischen Notwendigkeit korrelierte da durchaus mit der öffentlichen Meinung. Um es klar auszudrücken: der Mann hat keine Überzeugungen, sondern einen PR-Berater.
BTW: ist Euch eigentlich aufgefallen, daß bei zwei der vier tödlichen Unfälle der letzten 20 Jahre Frauen die Opfer waren, obwohl deren Anteil an der Besatzung deutlich geringer sein dürfte. Die Stichprobe ist zugegebenermaßen klein, aber ich sehe durchaus die Möglichkeit, daß Frauen einem Segelschiff körperlich nicht gewachsen sind.
Gruß Scipio
"Diejenigen, die ihre Freiheit zugunsten der Sicherheit aufgeben, werden am Ende keines von beiden haben - und verdienen es auch nicht."
Zitat von ScipioUm es klar auszudrücken: der Mann hat keine Überzeugungen, sondern einen PR-Berater.
Das ist die gewohnt pointierte, unerreichte Scipionische Klarheit! Aber für welchen Politiker gilt das nicht?
Zitat von Scipio BTW: ist Euch eigentlich aufgefallen, daß bei zwei der vier tödlichen Unfälle der letzten 20 Jahre Frauen die Opfer waren, obwohl deren Anteil an der Besatzung deutlich geringer sein dürfte. Die Stichprobe ist zugegebenermaßen klein, aber ich sehe durchaus die Möglichkeit, daß Frauen einem Segelschiff körperlich nicht gewachsen sind.
Würde ich so pauschal nicht sagen. Frauen haben i.d.R. nicht soviel Kraft, sind aber oft ausdauernder als Männer. Die Kadettin, die vor zwei Jahren unter mysteriösen Umständen über Bord gegangen ist, wurde angeblich sexuell belästigt. Möglichkeiten: Freitod oder gar Vertuschungs-Mord? Das jüngste weibliche Opfer war vielleicht zu klein (1,59 m), um sich sicher von einem Tau zum nächsten hangeln zu können.
"Neulich habe ich auf dem Nachttisch meines Mitbewohners Tabletten gegen Schizophrenie gefunden. Ich begann schon, mir Sorgen zu machen - bis mir einfiel, dass ich ja alleine wohne." (Helmut Wicht)
Zum Stichwort Bounty außer Dienst stellen: Die Frage ist ja, warum gibt es Schulungen auf einem Segelschiff, wo doch sogar die unsrige Marine mittlerweile moderne Schiffe hat? Doch wohl in erster Linie um den Geist zu trainieren (drillen). Nicht um das Segeln zu lernen. Und ehrlich gesagt, kann man diesen Drill auch auf einem regulären, modernen Schiff durchführen. Daher: Außer Dienst stellen oder Wohn-/Museumsschiff.
Guttenberg ist auch nur ein Schaumschläger wie die anderen Politiker. Aber er tut wenigstens irgendwas. Und wartet nicht ab, wie seine Vorgänger. Über den Sinn und Unsinn kann man ja hinterher diskutieren.
Korpsgeist und Ähnliches: Gab es schon immer, gibt es noch und wird es immer geben (in jeder Armee). Nur der Umgang damit intern und öffentlich hat Nachholbedarf. Abartigkeiten wie sexuelle Belästigungen oder menschenunwürdige Behandlungen sind natürlich zu unterbinden!!! Aber: Ein bestimmter Teil der Wehrkräfte (jedes Landes) hat eben gewisse geistige Benachteiligungen (ich habe gedient, Beispiele gibt es genug). Daher muss man immer mit so etwas rechnen. Damit schließt sich der Kreis und wir kommen wieder zum mangelhaften Umgang mit solcherlei Dingen.
Nur die Ruhe, es ist allenfalls Sachbeschädigung. Vor dem Beschuss der beiden Boote hat man sich gewissenhaft, gründlich und exzessiv vergewissert, dass sich kein Pirat darin oder in unmittelbarer Nähe befand. Aber gab es zu diesem Thema nicht eigentlich einen anderen Thread?
Gibt es im Universum intelligentes Leben? Vermutlich ja; man muss ja nicht ausgerechnet auf der Erde suchen.
Zitat von ScipioSchade nur, daß wieder so ein nichtsnutziger Staatsanwalt meinen wird, hier wäre Unrecht geschehen.
Hi Scip,
wir machen das ja auch nicht immer freiwillig. :D
Zitat Legalitätsgrundsatz: der Staatsanwalt ist (mit Ausnahmen) zur Verfolgung der Delikte verpflichtet, die ihm in seiner amtlichen Stellung bekannt werden.
Und über Recht und Unrecht entscheidet nicht der StA sondern der Strafrichter bzw. die Kammer ;)