Zitat von ArteMittwoch, 22. September 2010 um 21.05 Uhr Wiederholungen: Keine Wiederholungen Schiff der Verdammten (Deutschland, Kuba, Usa, 2005, 52mn) ZDF Regie: Dietmar Schulz
Der Dokumentarfilm schildert das weitgehend unbekannte Drama um den deutschen Passagierdampfer St. Louis, der sich im Mai 1939 mit 930 jüdischen Emigranten an Bord auf den Weg in die USA machte. Doch weder Amerika noch Kuba, wo ein Zwischenstopp eingelegt wurde, wollten die Flüchtlinge an Land lassen. So fuhr die St. Louis zurück nach Europa und entließ die Passagiere in Antwerpen. Viele von ihnen kamen nach der Besetzung Westeuropas durch Nazi-Deutschland in Konzentrationslagern ums Leben.
930 Männer, Frauen und Kinder jüdischen Glaubens gingen am 13. Mai 1939 in Hamburg an Bord des deutschen Passagierdampfers St. Louis. 300 von ihnen waren bereits in Konzentrationslagern interniert gewesen. Sie hofften, der Verfolgung und den Todeslagern der Nazis zu entkommen. Ihr erstes Ziel war Kuba, von dort aus wollten sie weiter nach Amerika. Von ihren letzten Ersparnissen kauften sie Schiffstickets, um auf die Karibik-Insel zu gelangen. Die nationalsozialistischen Behörden ließen die Emigranten ausreisen, um mit einer großangelegten Propagandakampagne zu zeigen, dass Juden jederzeit Deutschland legal verlassen könnten. Aber es gab noch einen anderen Grund für diese "Sonderfahrt" nach Kuba: Spionage. An Bord waren deutsche Agenten, getarnt als Crewmitglieder. Sie sammelten auf Kuba Geheimmaterial über die amerikanische Kriegsmarine. Die Aktion lief unter dem Codenamen "Aktion Sonnenschein". Die jüdischen Passagiere glaubten, in die Freiheit zu fahren. Doch für viele endete die Reise in einer Tragödie. Weder Kuba noch Amerika wollten die Emigranten aufnehmen. Nach Tagen der Ungewissheit und neuer Todesängste mussten sie schließlich nach Europa zurückkehren. In Frankreich, Holland und Belgien fanden sie vorübergehend Asyl, doch während des Krieges und der deutschen Besatzung wurden viele von ihnen aufgegriffen, deportiert und in Konzentrationslagern ermordet. Von den mehr als 930 Menschen jüdischen Glaubens auf der St. Louis hat nur ein Drittel das Kriegsende erlebt.
Herbert Karliner stammt aus Oberschlesien und war einer der Jugendlichen auf der St. Louis. Er hat die Nazizeit in einem Versteck in Frankreich überlebt. Heute wohnt er in Miami/Florida und berichtet vor der Kamera von seinen dramatischen Erlebnissen. Damals gehörte er zu den 30 Kindern der St. Louis, die in französischen Heimen unterkamen. Sie bekamen gefälschte Ausweise, in denen "Elsaß" als Heimatregion eingetragen war. Dies bewahrte viele von ihnen vor den Todeslagern. "Wir lebten ständig in Angst vor den Deutschen. Nachts lagen wir angezogen in unseren Betten, um jederzeit flüchten zu können", erzählt Herbert Karliner. In dem Dokumentarfilm von Dietmar Schulz schildern Zeitzeugen das dramatische Geschehen an Bord der St. Louis sowie ihren Kampf ums Überleben nach ihrer Rückkehr nach Europa. Die monatelangen Recherchen haben bisher unbekannte Filmaufnahmen, Fotos und andere Dokumente ans Licht gebracht. Einer der Emigranten machte während der Überfahrt nach Kuba sowie im Hafen von Havanna mit seiner Leicakamera mehr als 50 Fotos. Sie sind erstmals in diesem Dokumentarfilm zu sehen.