Quote: Montag, 27. April 2009 um 23.45 Uhr
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Panzerkreuzer Potemkin
( 1925, 69mn)
ARD
Regie: Sergej Eisenstein
Kamera: Eduard Tissé
Musik: Edmund Meisel (rekonstruierte Fassung), Nikolai Krjukow (alte Fassung)
Schnitt: Sergej M. Eisenstein
Darsteller: Alexander Antonow (Matrose Wakulintschuk), Alexander Ljowschin (Offizier), Grigori Alexandrow (Leutnant Giljarowski), Michail Gornorow (Matrose Matjuschenko), Wladimir Barskij (Kommandant Golikow)
Autor: Nikolai Aseyev, Nina Agadshanowa-Schutko, Sergei M. Eisenstein, Sergei Tretyakov
Produktion: Goskino, Helmut Imig (Rekonstruierte Fassung)
Russland im Jahr 1905. Der russisch-japanische Krieg zehrt an den Kräften der Seeflotte. Als die Lebensmittel knapp werden, bricht auf dem Panzerkreuzer Potemkin eine Meuterei aus. Die Offiziere versuchen, den Aufstand zu zerschlagen, doch als der Panzerkreuzer im Hafen von Odessa einläuft, verbrüdern sich die Bürger mit den Matrosen. Der Stummfilm ging wegen der berühmten "Treppenszene von Odessa" in die Filmgeschichte ein, mit der Eisenstein die Kunst seiner "Montage der Attraktionen" etablierte, die die Emotionen der Zuschauer ansprechen sollte. Das formale Meisterwerk demonstriert in pathetischer Manier den Sieg des Kollektivs über das zaristische Individuum.
Die Folgen des russisch-japanischen Krieges (1904-1905) sind bis in die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer zu spüren. Unter den Matrosen des Panzerkreuzers Potemkin verbreitet sich Meutereistimmung, da die Lebensmittel knapp beziehungsweise verdorben sind. Doch die Disziplin wird von den Offizieren mit härtesten Mitteln aufrechterhalten: Der Kommandant befiehlt die Erschießung einer Gruppe von Matrosen auf dem Schiffsdeck.
Während die willkürlich ausgesuchten Männer auf ihren Tod warten, erhebt sich der Matrose Wakulintschuk und verhindert mit dem Ruf "Die Waffen nieder!" die Ermordung seiner Kameraden. Es kommt zu einem tumultuösen Aufstand - vergeblich versuchen die Offiziere, die Disziplin wiederherzustellen. Wakulintschuk wird erschossen, woraufhin die Matrosen sich an den Offizieren rächen und sie über Bord werfen.
Im Hafen von Odessa angekommen, verbrüdern sich die Bürger mit den Matrosen. Doch die vom Zar gesandten Kosaken rücken an und unterdrücken den Aufstand mit blutigem Terror.
Sergei Eisensteins "Panzerkreuzer Potemkin" war eine Auftragsarbeit für den jungen Sowjetstaat. Eisenstein sollte einen Film zum Andenken an die erste, gescheiterte Revolution von 1905 drehen. Ursprünglich sollte der Film aus Einzelszenen von Aufständen aus dem ganzen Reich mosaikartig zusammengesetzt werden. Als er mit den Dreharbeiten in Leningrad begann und dann in Odessa einige kurze Szenen über die Meuterei auf dem Panzerkreuzer "Potemkin" drehen wollte, entschloss er sich, seinen Film nur um diese Meuterei herum zu entwickeln.
"Panzerkreuzer Potemkin" ist nach der Fünf-Akt-Struktur des klassischen Dramas aufgebaut. Im Unterschied zu den "Literaturverfilmungen im Atelier" wurde der Film in realer Architektur gedreht. Seine Besonderheit liegt in der virtuosen Montagetechnik, die sich durch schnelle Schnitte vom zaristischen Kino mit langsamen Rhythmus und dessen Mangel an Bewegung abhob. Als Paradebeispiel für die rhythmische Montagetechnik gilt die Sequenz auf der Odessaer Hafentreppe, die auf der Verbindung von Bildern mit immer schneller werdendem Bewegungstempo beruht. Harte Schnitte von Totalen auf Großaufnahmen und Details befördern den Zuschauer in die emotionale Mitte des Geschehens: des grausamen Massakers am wehrlosen Volk. Die Volksmassen stehen im Mittelpunkt und nicht der individuelle Held aus gutbürgerlichem Hause.
"Panzerkreuzer Potemkin" löste 1926 bei seiner Aufführung in Deutschland eine Kette von öffentlichen Skandalen aus. Wegen seiner Agitation gegen Reichswehr, Marine und Polizei, gegen die "natürlichen Stützen unseres Staates", wurde der Film von der Berliner Filmprüfstelle verboten. Der folgende Zensurskandal erhöhte seinen Publikumserfolg nur. Bald galt das Eisenstein'sche Stummfilm-Original als verschollen, was die Entstehung mehrerer Versionen auf russischer und deutscher Seite zur Folge hatte. Jahrzehnte lang versuchte man die Urfassung zu rekonstruieren.
Die auf ARTE gezeigte Fassung entstand als großangelegtes Restaurationsprojekt unter der Gesamtleitung der Stiftung Deutsche Kinemathek und wurde auf der Berlinale 2005 präsentiert. Die deutschen Zensureingriffe wurden "zurückmontiert", nach einem protokollierten Szenarium von Ippolit Sokolow in den 30er Jahren. Die Musik, die Edward Meisel 1926 für die deutsche Fassung komponiert hatte, wurde von Helmut Imig arrangiert, beraten von Lothar Prox und eingespielt vom Deutschen Filmorchester Babelsberg eingespielt.